Multiple Sklerose: Auf der Suche nach einer effektiven Fatigue-Therapie
Fatigue bezeichnet ein Erschöpfungssyndrom, das mit verschiedenen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose (MS) vergesellschaftet sein kann. Da Fatigue von MS-Patient*innen meist als sehr belastend empfunden wird, gewinnen effektive Therapieansätze zunehmend an Bedeutung. Braley et al. wollten in diesem Zuge die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) mit und ohne Modafinil untersuchen, und haben die COMBO-MS-Studie initiiert.
Erschöpfungszustände im Sinne eines Fatigue-Syndroms zählen zu den häufigsten Beschwerden von Patient*innen mit Multipler Sklerose und zeigen meist einen starken negativen Einfluss auf die Lebensqualität. Auf der Suche nach wirksamen Therapieverfahren haben Braley et al. nun die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) sowie Modafinil aus der Gruppe wachhaltender psychostimulierender Medikamente sowohl einzeln als auch in Kombination untersucht und kommen in ihrer COMBO-MS-Studie zu einem positiven Ergebnis.
Während die KVT zur Behandlung von Fatigue keine Unbekannte ist, wurde Modafinil in den 1980er Jahren zusammen mit Adrafinil in Frankreich entwickelt und kommt bis heute überwiegend bei Betroffenen der seltenen Narkolepsie zum Einsatz. Braley und Kollegium konzentrierten sich in dieser randomisierten und für die statistischen Analysen verblindete Studie im Parallelgruppendesign auf die Entwicklung der typischen Fatigue-Symptome und griffen dazu auf die Modified Fatigue Impact Skala (MFIS) zurück.
Ausgewählte Teilnehmende mit gesicherter Diagnose von MS-Fatigue, die über starke Einschränkungen ihrer Alltagsfunktionalität während der letzten 3 Monate berichteten, nahmen über eine Behandlungsdauer von 12 Wochen per Zufall an einer von 3 Behandlungsgruppen teil:
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Gruppe 1 : KVT.
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Gruppe 2 : Modafinil.
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Gruppe 3 : KVT in Kombination mit Modafinil.
Als primären klinischen Endpunkt definierte die Forschungsgruppe die Veränderungen der MFIS-Ergebnisse zwischen Ausgangswert und am Ende der 12. und letzten Therapiewoche. Auf methodischer Ebene griffen die Autor*innen auf lineare Regressionsanalysen und Berücksichtigung möglicher moderierender Faktoren – darunter Alter, Geschlecht, Studienort, Angst, Schmerz, MFIS-Ausgangswert und körperliche Aktivität – zurück.
Benefit durch Modafinil und KVT
Zwischen Mitte November 2018 und Anfang Juni 2021 gingen die Datensätze von 336 Teilnehmenden in die Intention-to-treat-Analyse mit ein. Gruppe 1 bis 3 umfassten in dieser Reihenfolgte jeweils 114, 114 und 108 MS-Patient*innen. Sie waren durchschnittlich 49 Jahre mit einem Frauenanteil von 76%. Mit 71% kam unter den krankheitstypischen Verlaufsformen eine schubförmig remittierende Multiple Sklerose am häufigsten vor.
Im Hauptergebnis kam es in allen 3 Therapiegruppen zu einer Verbesserung der Fatigue-Symptomatik ohne statistisch signifikante Intergruppenunterschiede. Im direkten Gegensatz dazu stellten die Autor*innen teils deutliche Unterschiede in Bezug auf Nebenwirkungen fest. So berichteten jeweils 7% der Patient*innen aus den Modafinil-Gruppen 2 und 3 von Schlafstörungen und 3 und 8% von vorübergehenden Angstzuständen.
Braley et al. ziehen daher zwar insgesamt ein positives Fazit zur Wirksamkeit aller untersuchten Behandlungsvarianten. Aufgrund von Nebenwirkungen unter Modafinil halten sie dennoch weitere Studien und eine Therapieplanung nach individuellen Faktoren und Wünschen für empfehlenswert. So könnte beispielsweise eine Modafinil-Therapie bei Patient*innen, die bereits unter starken Schlafproblemen und Ängsten leiden, durch die KVT-Alternative vermieden werden.
Fazit:
In der COMBO-MS-Studie mit MS-Patient*innen mit Fatigue-Syndrom führten eine kognitive Verhaltenstherapie und eine Pharmakotherapie mit Modafinil – jeweils als Monotherapie oder auch in Kombination – nach 12 Wochen zu einer deutlichen Beschwerdebesserung. Die Autor*inne halten daher eine Therapiewahl nach individuellen Faktoren und Wünschen für tragbar und empfehlenswert.
Quelle:
Simon A. Multiple Sklerose: Auf der Suche nach einer effektiven Fatigue-Therapie. Neurologie up2date 2025; 08(02): 104 – 104. doi:10.1055/a-2487-5170
Publikationsdatum: 3. Juni 2025 (online)
Autor Studienreferat: Dipl.-Psych. Annika Simon, Braunschweig